Zertifikate von Finanzprodukten am Markt – in Gold investieren
In den letzten Jahren ist unter dem Bergriff „Zertifikate“ eine Reihe von Finanzprodukten am Markt erschienen, die auch im Goldsektor Einzug gehalten haben. Bei Zertifikaten handelt es sich um Wertpapiere, die dem Anleger die Teilnahme an der Kursentwicklung anderer Wertpapiere und Finanzprodukte verbriefen und an der Börse gehandelt werden.
Die beiden Grundkategorien der börslichen Wertpapiere – Aktien und Anleihen – dienen in erster Linie der Finanzierung ihrer Emittenten. Dabei verbrieft die Aktie einen Anteil am Stammkapital eines Unternehmens. Der Aktienerwerber kauft einen Anteil am Unternehmen und ist somit Miteigentümer. Er besitzt Rechte wie die Stimmabgabe in der Hauptversammlung oder den Anspruch einer Gewinnbeteiligung. Das Gegenstück zu Aktien sind Anleihen: mit dem Kauf einer Unternehmensanleihe wird man nicht Miteigentümer, sondern Gläubiger des Unternehmens. Der Käufer einer Anleihe gewährt dem Unternehmen einen Kredit. Der Anleihen-Käu- fer hat kein Stimmrecht und ist auch nicht direkt am Gewinn des Unternehmens beteiligt. Stattdessen erhält er in bestimmten Zeitabständen, meist halbjährlich oder jährlich, eine im Regelfall vordefinierte Zinszahlung. Anleihen haben eine festgelegte Laufzeit, an deren Ende der ausgeliehene Betrag dem Anleger
zurückgezahlt wird.
Zertifikate sind vom Grundsatz her Anleihen, was zunächst etwas verwirrend erscheinen mag, wenn von Zertifikaten auf den DAX oder auf Goldminenaktien die Rede ist. Der Anleihecharakter wird allerdings schnell ersichtlich, wenn man sich vor Augen führt, wie Zertifikate funktionieren: man kauft ein Zertifikat von einer Bank für einen bestimmten Geldbetrag, zu einem späteren Zeitpunkt möchte man es für hoffentlich mehr Geld an die Bank zurückgeben. In der Zwischenzeit kann die Bank mit dem erhaltenen Geld wirtschaften, aber dieses Geld ist kein permanentes Eigenkapital, wie es durch eine Aktie verbrieft wird, sondern die Bank muss später eine Rückzahlung leisten. Zertifikate haben auch nicht in erster Linie die Funktion einer klassischen Anleihe, nämlich Mittel zur Unternehmensfinanzierung bereitzustellen, sondern sie werden zugeschnitten auf Wünsche und Bedürfnisse von Anlegern, die durch den Kauf von Zertifikaten den herausgebenden Instituten Erträge bringen sollen.
Neben Zertifikaten auf Indizes wie den DAX sind in jüngerer Zeit vor allem so genannte Basket-Zertifikate auf den Markt gekommen. Diesen Basket-Zertifikaten liegt ein speziell für diese Papiere zusammengestellter „Aktienkorb“ zugrunde. Die in einem derartigen Basket enthaltenen Aktien – oft zwischen zehn und zwanzig Titel – haben in der Regel einen übergeordneten Bezug zueinander, beispielsweise die Tatsache, dass es Goldproduzenten sind. Auf diese Weise lassen sich wie bei Investmentfonds Anlage-Schwerpunkte bilden und gleichzeitig wird eine ausreichende Diversifikation gewährleistet. Warum sollte man dann nicht gleich bei Fonds bleiben und welchen Sinn machen Zertifikate?
Das Hauptargument der Zertifikate-Befürworter ist die Kostenstruktur. Während fast alle Investmentfonds im Goldsektor Ausgabeaufschläge von bis zu 5 Prozent verlangen, fallen diese Kosten bei Zertifikaten nicht an. In Verbindung mit den bei allen Gold-Fonds anfallenden Verwaltungsgebühren von rund 1,25 Prozent ergibt dies einen Kostenblock von über 6 Prozent, den sich viele Anleger gerne sparen. Ein weiterer Trumpf für Zertifikate ist die höhere Flexibilität bei der Handelbarkeit. Zwar sind alle Investmentfonds täglich handelbar, für die meisten wird jedoch nur einmal pro Tag ein Kurs gestellt. Bei Zertifikaten erfolgt in der Regel eine permanente Kursstellung mit aktuellen Geld- und Briefkursen. Ein ursprünglicher Nachteil der Zertifikate – die aus der Eigenschaft als Anleihe resultierende begrenzte Laufzeit – wurde inzwischen von den bedeutenden Anbietern aufgehoben. Im August 2000 hat ABN Amro, ein führender Zertifikate-Anbie- ter, das erste Papier mit unbegrenzter Laufzeit auf den Markt gebracht. Seither bieten auch andere namhafte Emittenten so genannte „Open End Zertifikate“ an. Dies signalisiert bereits, dass Zertifikate in erster Linie Finanzinstrumente für den mittel- bis langfristigen Zeitraum sind. Die sehr günstige Kostenstruktur im Vergleich Investmentfonds machen diese Papiere jedoch auch geeignet für kurzfristige Tradings.
Eine weitere Innovation aus dem Hause ABN Amro ist gerade für den Goldsektor von besonderem Interesse: ein währungsgesichertes Zertifikat. Da Gold in Dollar notiert wird, haben entsprechende Währungsschwankungen nicht nur Auswirkungen auf das Gold selbst, sondern auch auf die Aktien der Produzenten. Wenn der Dollar fällt, fallen die realen Kursgewinne für Anleger aus dem Euro-Währungsraum deutlich niedriger aus. Mit dem AMEX Gold Bugs Quanto Zertifikat wird die Entwicklung des AMEX Gold Bugs Index, das ist ein Basket von weitestgehend ungehedgten nordamerikanischen Goldminenwerten währungsgesichert in Euro abgebildet. Da Sicherheit bekanntlich immer Geld kostet, wird das währungsgesicherte Zertifikat mit einem Aufgeld für die Absicherung gehandelt und die Laufzeit ist bis zum 19.12.2005 begrenzt. Der gleiche Index wird in nichtwährungsgesicherter Form von ABM Amro als Open End Zertifikat angeboten. Einen nichtabgesicherten „Non-Hedged Goldminen Aktienbasket“ mit Laufzeitbegrenzung bietet die BW-Bank an. Für diesen Aktienkorb hat die BW-Bank speziell Minen ausgewählt, deren „Hedge-Book“ (s. Artikel Goldminenaktien) weniger als 5 Prozent der ausgewiesenen Goldreserven enthält.
Auch für den Goldpreis selbst gibt es Zertifikate, sowohl mit als auch ohne Laufzeitbegrenzung sowie mit oder ohne Währungsabsicherung. Diese verbriefen eine 1 : 1 Preisentwicklung der am Londoner Goldmarkt gehandelten Unze Gold, wodurch die Anleger zu 100 Prozent an den Kursbewegungen beteiligt sind. Die reinen Goldzertifikate sind ebenso wie die Goldminenzertifikate börsennotiert. Sie stellen im Prinzip den einfachsten und kostengünstigsten Weg dar, in Gold zu investieren, da keine Belieferungs- und Lagerkosten entstehen. Ein Nachteil besteht allerdings darin, dass man zwar an der Wertentwicklung des Goldes beteiligt ist, aber keinen Anspruch auf die Lieferung des physischen Metalls hat. Investoren, die sich die Möglichkeit einer physischen Belieferung offen halten möchten, sind daher mit einem klassischen Goldkonto besser bedient. Das Goldkonto ist so konzipiert, dass man physisches Gold kauft – Minimum ist oft ein Kilogramm – und der Wert der Barren auf ein spezielles Währungskonto gebucht wird. Gelagert wird das Metall in der Sammelverwahrung der verkaufenden Bank.
Wer einfach und kostengünstig direkt in Gold investieren möchte, kann in einen neuartigen Fonds einsteigen. Der World Gold Council, ein Zusammenschluss von internationalen Goldproduzenten, lanciert den Fonds ab November 2003 an mehreren Börsenplätzen in der Welt. Bis dahin war es nur in Australien und Kanada möglich, Investmentfonds zu kaufen, die direkt in das Edelmetall investieren. Der im März 2003 aufgelegte Fonds der australischen Firma Gold Bullion Ltd. hatte innerhalb von einem halben Jahr bereits 6 Tonnen Gold verkauft. Mit dem neuen Goldfonds des World Gold Council soll die Investorenbasis für Gold verbreitert werden, z.B. durch Pensionsfonds und Privatanleger, die ihr Portfolio diversifizieren wollen. Für manche Privatanleger ist das direkte Goldgeschäft über den Kauf von Münzen und Barren oder mit der Einrichtung eines Goldkontos doch etwas zu mühsam oder zu teuer wegen der Lager-, Transport- und Versicherungskosten.
Hinzu kommt, dass der private Käufer – je nach Investitionsvolumen – einen nicht zu vernachlässigenden Spread akzeptieren muss. Wer bei einem Marktpreis von 380 Dollar je Feinunze bei einer herkömmlichen Bank Goldmünzen kauft, bekommt diese für rund 400 Dollar. Will man die Münzen wieder verkaufen, dann erhält man bei unverändertem Marktpreis nur noch etwa 360 Dollar. Der neue Goldfonds hat sehr niedrige Transaktionskosten, die vergleichbar mit Aktiengeschäften oder dem Kauf von Zertifikaten sind. Anders als bei Goldzertifikaten, wo eine Bank den Wert entsprechend den Schwankungen des Goldpreises garantiert, besteht bei dem Goldfonds des World Gold Council kein Risiko durch den Ausfall der Bank: die Investition ist durch den realen Kauf von Gold unterlegt. Außerdem hat der Kunde ein Recht auf Auslieferung zwei Tage nach Auftragsvergabe.