Krieg der Währungen Edelmetallen – Gold und seine Geschichte

Krieg der Währungen Edelmetallen – Gold und seine Geschichte
Als US-Präsident George W. Bush Ende Januar 2003 eine Spedition in St. Louis besuchte, bewahrten eifrige Helfer ihn und die ihn begleitenden Kamerateams vor einer peinlichen Situation. In einer Lagerhalle, in der Bush eine Rede halten sollte, überklebten sie auf Kisten mit Importwaren die Aufschrift „Made in China“. Stattdessen wurden leere Kartons patriotisch mit dem Label „Made in USA“ versehen und dekorativ ins Blickfeld der Kameras gerückt (3).

Das Ereignis hat mehr als exemplarischen Charakter. Die Amerikaner importieren rund 50 Prozent mehr als sie exportieren. Im März 2003 erreichte die Kluft 43,5 Milliarden Dollar – den zweithöchsten jemals erreichten Stand. Bei nahezu stabilen Importen gehen die US-Exporte seit geraumer Zeit kontinuierlich zurück. Insgesamt erwarten Analysten für das gesamte Jahr 2003 ein Außenhandelsdefizit von weit über 500 Milliarden Dollar. Um das Defizit auszugleichen, benötigen die USA ausländische Investitionen in Höhe von 1,5 Milliarden Dollar am Tag. Nach einer Berechnung der Investmentbank Merrill Lynch saugen die USA hierfür 70 Prozent aller weltweiten Ersparnisse an – ein Zustand, der auf Dauer nicht haltbar ist.

In den vergangenen Jahren konnten diese Löcher noch durch Geldzuflüsse in amerikanische Aktien und Anleihen gestopft werden. Das funktioniert heute nicht mehr, weil der Aktienmarkt danieder liegt. Außerdem erhalten Anleger derzeit auf US-Rentenpapiere deutlich geringere Renditen als auf europäische Anleihen. Dies hat zur Konsequenz, dass Investoren rund um den Globus ihr Geld aus den USA abziehen und auch die Notenbanken denken über Umschichtungen nach. Für viele Zentralbanken wird der Euro immer wichtiger: Bisher macht der Euro 15 Prozent der weltweiten Währungsreserven aus, bis Ende 2003 könnten es bereits über 20 Prozent sein. Russland hat bereits im Jahr 2002 den Euro-Anteil von unter zehn auf über zwanzig Prozent erhöht. Ziehen die asiatischen Notenbanken in gleichem Maße nach, dürfte dies mittelfristig für weiteren starken Auftrieb für den Euro sorgen, denn 80 Prozent der weltweiten Währungsreserven werden von asiatischen Notenbanken gehalten.

Im April 2003 wurde von einem Berater des indonesischen Finanzministeriums bestätigt, sein Land überlege, den Euro als Handelswährung einzuführen und die Zeitung Business Times in Singapur wollte im Mai 2003 sogar wissen, dass die Notenbank Indonesiens einen Teil ihrer Reserven in Euro umgeschichtet hatte und nun bereits über 15% in der Gemeinschaftswährung hielt (4). In ganz Asien werden derzeit Überlegungen in diese Richtung angestellt, denn man ist beunruhigt über die schwache US-Konjunktur, die aggressive Außenpolitik Washingtons sowie anhaltendes Misstrauen gegenüber den Praktiken der Wall Street. Schon im September 2002 gründeten verschiedene asiatische und europäische Regierungen eine Taskforce, die asiatischen Zentralbanken helfen soll, den Euro-Anteil in deren Reserven aufzustocken und mehr auf Euro ausgestellte Anleihen auszugeben. Auch in Mittel- und Osteuropa wird der Dollar als Zweitwährung verdrängt. Schon heute geht das Gebiet, in dem der Euro im täglichen Leben genutzt wird, weit über die jetzige Euro-Zone der Europäischen Union hinaus. Wer in den Cafes und Restaurants der künftigen Mitgliedsstaaten in Mittel- und Osteuropa seine Rechnung bezahlt, kann jederzeit den Euro nutzen. Gleiches gilt für große Supermärkte, Tankstellen und Hotels.

Seit seiner Einführung wurde der Euro mit viel Skepsis betrachtet. Die Kritiker der Gemeinschaftswährung fanden sich in besonderem Maße bestätigt, als der Startkurs von 1,175 US-Dollar im Jahr 2000 um über 28 Prozent gegenüber der Konkurrenzwährung Dollar eingebrochen war und einen Tiefststand von rund 0,84 US-Dollar markierte. Im März 2002 jedoch wendete sich das Blatt. Der Euro erholte sich gewaltig, erreichte gut vier Jahre nach seiner Ausgabe im Mai 2003 neue Höchststände und die Euro-Optimisten trauen der Gemeinschaftswährung noch einiges zu. Wenn sich die Devisenmärkte erst einmal in eine Richtung in Bewegung gesetzt haben, ist ein Anhalten nicht so schnell zu erwarten. Dies kann dann zu Kursen führen, die unter rein fundamentalen Gesichtspunkten nicht vorstellbar sind. Experten schließen nicht aus, dass der Dollar gegenüber dem Euro sogar auf seinen historischen Tiefstand abrutscht. Im April 1995 kostete er nur noch 1,35 D-Mark. Das entspricht umgerechnet einem Euro-Wechselkurs von 1,45 Dollar.

Auch gegenüber dem Yen wird der Dollar laut Prognosen weiter nachgeben. Allein im Mai 2003 hatte die Bank of Japan für 33,4 Milliarden Dollar US- Wertpapiere aufgekauft, um eine Aufwertung des Yen zu verhindern. Damit hatte allein die Bank of Japan den größten Teil des in diesem Monat notwendigen Kapitalzuflusses bereitgestellt, der zur Finanzierung des hohen US-Leistungsbilanzdefizits nötig war. Japan wollte damit die eigene Währung schwächen und den Wechselkurs des Yen gegenüber dem Dollar um bis zu 20 oder gar 30 Prozent nach unten schleusen. Man erhoffte sich dadurch einen Exportboom, der die japanische Volkswirtschaft endlich aus der seit mehr als zehn Jahren anhaltenden Misere befreien sollte. Der Abwertungswettlauf zwischen Dollar und Yen verstärkte jedoch wiederum den Aufwärtstrend des Euro und verteuerte Europas Exporte. Dies alarmiert Europas Regierungen. Die Euro-Finanzminister ließen daher verlauten, dass sie es nicht akzeptieren würden, wenn die japanische Notenbank den Kurs des Yen aus Gründen der Wettbewerbsfähigkeit drücken wollte.

Inzwischen zählt auch China zu den Mitspielern im Währungspoker, denn der wieder erstarkte Euro lenkt einen Teil der Flut chinesischer Billigprodukte in die Eurozone und schürt die Angst vor einem Handelsstreit zwischen Brüssel und Peking. Weil Chinas Regierung die durch die SARS- Krise in Mitleidenschaft gezogene Konjunktur stimulieren wollte, heizte sie vor allem die Exporte in die Europäische Union an. Chinas Währung, der Renminbi, ist jedoch eng an den US-Dollar gebunden und sinkt mit dem Kurs des Greenbacks. Und weil die US-Konjunktur flau war, laut China mehr und mehr Exporte in der EU ab. Schon von Januar bis April 2003 nahmen Chinas Lieferungen in die Eurozone um über 48 Prozent zu und wuchsen damit um 15 Prozentpunkte schneller als die Gesamtexporte des Landes. Bereits im Jahr 2002 erzielte die Europäische Union mit China ein historisch großes Handelsdefizit von über 40 Milliarden Dollar.

Insbesondere in den Bereichen Eisen- und Stahlindustrie sowie in der Telekommunikation und der Elektroindustrie wollte man auf Kosten der Europäer Marktanteile gewinnen. Durch die enge Bindung der chinesischen Währung an den US-Dollar wird China zwar nur ein indirekter, dafür aber nicht weniger wichtiger Akteur im weltweiten Kampf der Währungen

Selbst die Schweiz mischte sich im Juni 2003 in die Währungsdiskussion ein. Weil der Euro zum Schweizer Franken in den ersten fünf Monaten des Jahres nur um rund 6 Prozent zulegte, während er zum Dollar jedoch 12 Prozent gewann, fühlte sich der Präsident der Schweizerischen National bank berufen der Öffentlichkeit mitzuteilen, dass man eine starke Aufwertung des Franken zum Euro entschlossen bekämpfen werde; um die Wettbewerbsposition der Schweiz nicht zu gefährden, würde man nicht zögern, nicht-traditionelle Schritte zu gehen, um einen Anstieg des Franken zu verhindern. Solche nicht-traditionellen Schritte oder unkonventionellen Maßnahmen werden auch von Seiten der US-Notenbank erwartet oder befürchtet, wenn deren zinspolitische Munition ausgegangen sein wird.

Was auch immer dieses „Nicht-Akzeptieren“, die „nicht-traditionellen Schritte“ oder die „unkonventionellen Maßnahmen“ bedeuten würden, so klingt das nicht besonders positiv oder vertrauenserweckend. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wäre voraussehbar, dass im Falle eines „Währungskrieges“ daraus resultierende Maßnahmen allen betroffenen Währungen eher einen Vertrauensverlust als einen Vertrauensgewinn bescheren dürften. Die augenblickliche Situation bei den Hauptwährungen, insbesondere jedoch die Schwäche des US-Dollar, die nach jetzigem Stand der Dinge nicht von kurzfristiger Natur sein dürfte, lässt wie immer in historischen Schwächephasen des Dollar in besonderem Maße Gold profitieren. Eine derzeit (noch) nicht erkennbare Vertrauenskrise in Papierwährungen könnte sogar eine panikartige Flucht in Gold auslösen.