Unabhängig von den Bemühungen der Welser, in der neuen Welt zu Reichtum zu gelangen, hatte Karl V. großes Interesse daran, neue Wege zu den Gewürzländern zu finden. Das ursprüngliche Reisemotiv Christoph Kolumbus’ war nicht vergessen. Karl V. hatte deshalb die Reise von Ferdinand Magellan finanziert, der im August 1519 mit fünf Schiffen auf der Suche nach der Indien-Passage zur ersten Weltumseglung aufgebrochen war. Obwohl Magellan 1521 nach dreijähriger Reise auf einer heute zu den Philippinen gehörenden Insel von Eingeborenen erschlagen wurde und obwohl vier der fünf Schiffe im Laufe der Reise verloren gingen, kehrte das Schiff Victoria im September 1522 dennoch erfolgreich mit 26 Tonnen Gewürzen an Bord nach Spanien zurück. Das Problem war allerdings, dass der Weg Magellans nicht nur an feindlichem portugiesischen Territorium, sprich Brasilien, vorbeiführte, sondern es musste auch das stürmische Kap Horn, heute auch Magellan-Straße genannt, umschifft werden. Aufgrund der Nachricht, dass im Norden des südamerikanischen Kontinents der mächtige Magdalena-Strom von Süden kommend in die Karibik fließt, bekam Quesada Anfang 1536 den kaiserlichen Auftrag, von der spanischen Siedlung Santa Marta an der Karibikküste ausgehend, den Rio Grande de Magdalena zu erforschen. Man vermutete, dass der Strom eine Verbindung zum Südmeer darstellte und so vielleicht der mühsame Weg um Kap Horn wegfiele.
Der kaiserliche Auftrag sollte durch zwei Gruppen erfüllt werden: Eine kleine Flotte sollte den Magdalena hinaufsegeln, gleichzeitig sollte ein 800 Mann starkes Expeditionsheer in das Landesinnere vorstoßen. Am indianischen Handelszentrum Tamalameque, gut 350 Kilometer von der Küste entfernt am Magdalena gelegen, wollte man sich treffen. Das Treffen wurde jedoch zum Debakel. Von den sechs Brigantinen kamen gerade einmal zwei in sehr mitgenommenem Zustand an. Der viermonatige Fußmarsch sowie Krankheiten und Indianerüberfälle hatten das Expeditionsheer deutlich dezimiert. Die meisten Männer wollten nur nach Santa Marta zurück.
Erfolglos zurückzukehren kam für Quesada jedoch nicht infrage. Als geschulter Jurist fiel es ihm nicht schwer, den kaiserlichen Befehl umzudeuten und, anstatt den Magdalena-Strom zu erkunden, nach den Goldländern zu suchen. In Tamalameque pfiffen es die Spatzen von den Dächern: „Dort, von wo das Salz kommt, leben Völker reich an Gold.“ Dem heutigen Betrachter drängt sich der Verdacht auf, dass die Indianer die Konquistadoren auf diese Weise sehr geschickt von sich fort und weit entfernt in die Anden lockten.
Mit nur 200 Männern, der Rest machte sich auf den Weg zurück nach Santa Marta, machte sich Quesada Ende Dezember 1536, einem Salzhandelsweg folgend, auf, weiter ins Landesinnere vorzustoßen. Unter Strapazen gelang es der Truppe von Quesada ein gutes halbes Jahr später, die Hochebenen der östlichen Anden zu erklimmen und in das Gebiet der Muiscas einzudringen. Immer den alten Salzhandelspfaden folgend kamen die Spanier nach Zipaquira, was „Tal der Salzdörfer“ bedeutet. Aus einem unerschöpflichen Salzberg gewannen die Muiscas hier in fast industriellem Ausmaß Salz. Obwohl die Europäer sehr wohl die Bedeutung von Salz kannten, in Europa führte man Kriege deswegen, und obwohl sich Quesada schon beim Aufmarsch große Mengen Goldes angeeignet hatte, blieb El Dorado unentdeckt.
Auf seiner Suche nach El Dorado zogen Quesada und seine Männer durch das Muisca-Gebiet. Dabei nahmen sie Tunja und die Stadt des Sonnentempels, Sogamoso, ein. Quesada war in das Kernland der Gold sammelnden und verarbeiteten Muiscas vorgestoßen, ein Gebiet, dem sich Hohermuth zwei Jahre zuvor von der anderen, östlichen Seite der Bergkette auf nur wenige Tagesmärsche genähert hatte.
Die reichen Goldfunde, die Quesada in Tunja und Sogamoso in die Hände fielen, ließen auf ein unermessliches Goldpotenzial schließen. Doch Quesada wurde schwer enttäuscht. Nach der reichen Beute aus Tunja und Sogamoso kamen kaum noch neue Funde hinzu. Wo war El Dorado, wo hielt sich der goldene Mann versteckt?
Teils freiwillig, teils unter Folter wurden den Spaniern mehr und mehr Details über die Legende vom goldenen Mann berichtet und man führte sie in 3.500 Metern Höhe zu einem kreisrunden, kraterähnlichen See, dem Guatavita-See, rund 40 Kilometer nordöstlich der heutigen Hauptstadt Bogota gelegen. Alte Männer berichteten ihnen von der Zeremonie des goldenen Mannes und der feierlichen Einsetzung eines neuen Häuptlings. Aus diesen Erzählungen schlossen die Spanier, dass die letzte Zermomie fast ein halbes Jahrhundert zurücklag. Nach mehr als drei Jahren Marsch und Entbehrung, nachdem Tausende von Muiscas ermordet und Hunderte von Europäern ums Leben gekommen waren, standen die Europäer vor dem Ursprungsort des Mythos um El Dorado: einem kalten Bergsee.
Zu allem Übel kam noch hinzu, dass es in der Mannschaft von Quesada zu ersten Protesten kam. Quesada sah sich gezwungen, mit der Verteilung der Beute zu beginnen und seine Rückkehr nach Santa Marta in die Wege zu leiten. Zu diesem Zeitpunkt kam ein Reiter zu Quesada, der ihm berichtete, dass ein großes, spanisches Heer mit Männern aus Peru unter Führung eines gewissen Sebastian de Belalcazar von Süden auf das Gebiet der Musicas vorrücke.
Sebastian de Belalcazarwarein Gefährte Francisco Pizzaros und hatte sich als Hauptmann der Konquistadoren bei der Eroberung des Inkareiches einen Namen gemacht. Als Belohnung für seine tatkräftige Mithilfe bei der Unterwerfung der Inkas wurde er von Pizzaro bei der Verteilung des Lösegeldes von Atahualpa sehr großzügig bedacht. Anstatt sich auf seinen Lorbeeren auszuruhen, war es für Belalcazar eine Frage der Ehre, dem wichtigsten Führer von Atahualpas Streitkräften, dem Inka-Edelmann Rumihahui, der aus der Gefangenschaft mit den Resten des Inkaheeres fliehen konnte, nachzusetzen.
Über mehr als 2.000 Kilometer von Cajamarca aus nach Norden wurde Rumihahui mit seiner Restarmee von Belalcazar verfolgt. Am Osthang des Vulkans Pichincha wurde Rumihahui 1534 vernichtend geschlagen. Belalcazar gründete an diesem Ort die Stadt Quito, heute die Hauptstadt Ecuadors. Belalcazar ließ es sich in seiner neuen Stadt erst einmal gut gehen, bis ihn im Jahr 1536 die Geschichte von El Dorado zu Ohren kam. Ohne seinen Dienstherren Pizarro zu informieren, machte er sich auf, El Dorado zu erobern. Nach Norden marschierend folgte er mit seiner Truppe dem Cauca-Tal. Er gründete im Jahr 1537 dabei die Städte Popayan und Cali und zog dann mordend und plündernd ins Tal des oberen Magdalenas. Eines der wichtigsten südlichen Handelszentren der Muisca, Neiva, erreichte die Nachricht, dass sich ein Spanier mit seinen Truppen im nahegelegen Hochland sesshaft gemacht hatte.
Beide Konquistadoren beschnupperten sich nun wie zwei misstrauische Hunde. Quesada schickte seinen Bruder Hernan vor, um die Lage zu erkunden, während Belalcazar langsam den Aufstieg vom Magdalena-Tal ins Muisca-Hochland begann. Die Situation entschärfte sich, als beide Seiten feststellten, dass sie es beidseitig mit einer ähnlichen Truppenstärke von nur 150 Männern zu tun hatten. Nicht lange und das Spannungsfeld wurde durch eine dritte Kraft ergänzt. Federmann war mit seinen rund 200 erschöpften Männern auf die Hochebene von Bogota vorgerückt. Ein einzigartiges geschichtliches Zusammentreffen, nur motiviert vom Mythos El Dorado: Ohne von einander zu wissen, Federmann von Osten kommend, über 2.000 Kilometer durch die Llanos marschierend, Quesada von Norden über 1.600 Kilometer von Santa Marta kommenden und Belalcazar rund 1.400 Kilometer von Süden kommend, alle mehr oder weniger drei Jahre unterwegs, trafen sie sich zur gleichen Zeit Anfang 1539 auf dem Hochplateau der Muiscas. Dort standen sich die drei Truppen ähnlicher Stärke gegenüber und waren ratlos. Keiner hatte goldene Städte und goldene Berge gefunden.
Quesada, der erste Eroberer der Muiscas, der geschulte Jurist, übernahm die Initiative, um diese Patt-Situation zu klären. Im März 1539 unterschrieben alle drei ein Dokument, in dem sie erklärten, gemeinsam nach Spanien zurückzukehren, um die jeweilige Position und Ansprüche der Krone und dem Indienrat vorzutragen. Bevor die drei Konquistadoren mit ihren Gefolgsleuten und ihrer goldenen Beute in das Tal des Rio Magdalena hinabstiegen, gründeten sie am 29. April 1539 formal die Stadt Bogota.
Mit einem rasch gebauten Boot fuhren die drei Konquistadoren den Magdelana hinab und trafen im Juni 1539 in der Küstenfestung Cartagena ein. Umgehend setzten sie ihre Reise über Kuba und Jamaika nach Europa fort. Alle drei hatten Gründe, sich nicht allzu lange in der Nähe ihrer Ausgangsorte oder der Drehscheibe Santo Domingo aufzuhalten: Quesada hatte sich nicht an den Befehl gehalten, den Madgalena-Strom zu erkunden, in Coro wollte man Federmanns Beute aus El Dorado sehen und Belalcazar hatte sich ohne Absprache mit Pizarro aus Quito abgesetzt.
Anstatt in Europa für ihre Strapazen entlohnt oder gar eine Titel auf die eroberten Gebiete zu bekommen, wurde ihnen von ihren jeweiligen Dienstherren Betrug und Unterschlagung von Gold und Smaragden vorgeworfen. Man wollte einfach nicht glauben, dass El Dorado nur ein See war. Federmann wurde von Agenten der Welser in Gent ins Gefängnis geworfen und nach Spanien überführt.
Den Weisem hatten die Geschäfte mit der Neuen Welt nur Verluste bereitet. Für die Protagonisten endete das Abenteuer tragisch: Ambrosius Dalfinger starb im Jahr 1533 an einer tödlichen Giftpfeilverletzung unter einem Baum im heutigen Grenzgebiet zwischen Kolumbien und Venezuela, Georg Hohermuth erholte sich nie von den Strapazen seiner erfolglosen dreijährigen Expedition und starb 1540 fern der Heimat in Coro. Nikolaus Federmann, der Barbarossa aus Ulm, der es bis zu den Muiscas geschafft hatte, starb verbittert im Jahr 1542 in einer spanischen Gefängniszelle in Valladolid. 1546 wurde der letzte Welser-Statthalter in Venezuela, Phillip von Hutten, von spanischen Söldnern ermordet. Die Herrschaft der Welser über Klein-Venedig war damit beendet.
Der Mythos von El Dorado hingegen war lebendiger denn je: So versuchte der Bruder Jimenez de Quesadas, Hernan Perez de Quesada, mit einer Eimerkette im Jahr 1545 den Guatavita-See zu entwässern. Es gelang ihm, den Wasserspiegel um drei Meter zu senken und aus dem Schlamm des Seeufers wurden unzählige Goldobjekte geborgen. Im Jahr 1558 wollte ein Kaufmann aus Bogota, Antonio de Sepulveda, den See entwässern. Er ließ mithilfe von über 8.000 Arbeitern einen tiefen Graben, dessen eingefallene Spuren man noch heute sieht, in den Ufersaum graben. Der Graben stürzte rasch ein, es konnten jedoch 50 Kilogramm Goldobjekte und einige Smaragde geborgen werden. Anfang des 19. Jahrhunderts wurde die Guatavita-Aktiengesellschaft gegründet, die mit dem erfolglosen Konzept, den See trockenzulegen, Anleger gewinnen wollte.
Zu beginn des 20. Jahrhunderts versuchte die englische Aktiengesellschaft zur Ausbeutung des Guatavita-Sees durch einen Tunnel und mit Pumpen den See trockenzulegen. Dies gelang auch, allerdings trocknete der schlammige Seeboden rasch zu einer betonharten, dicken Kruste aus. Es konnten zwar einige Goldgegenstände geborgen werden, das Unterfangen wurde aber aufgrund technischer Schwierigkeiten 1913 aufgegeben.