Gier und Sucht nach Gold und Reichtum

Gold und Reichtum
Gold und Reichtum

Trotz umfangreicher kriminalistischer und staatsanwaltlicher Untersuchungen unter Einbeziehung internationaler Wirtschaftsdetekteien und Spezialisten der Royal Canadian Mounted Police gelang es bis heute nicht, irgendjemanden des Betruges zu überführen. Guzman war tot und die möglichen Mit-Protagonisten des Betrugs zogen sich in ihre Heimatländer Indonesien oder die Philippinen zurück. Die Chance, dort jemanden zur Aussage zu bringen, war gleich null.

David Walsh starb ein Jahr nach dem Bre-X-Crash mit 51 Jahren an einem Herzinfarkt in seinem selbst gewählten Exil auf den Bahamas. Wahrscheinlich war er eher ein gutgläubiges Opfer als ein Täter. Felderhof zog sich auf die Grand-Cayman-Insel zurück. Eine Anklage wegen der Probenmanipulation oder fahrlässigen professionellen Versagens wurde nie erhoben. Allerdings wurde gegen Felder-hof Anfang 2005 ein Gerichtsverfahren eröffnet. Ihm wurde Insiderhandel in acht Fällen und der Verkauf von Bre-X-Aktien im Wert von 84 Million Dollar im Zeitraum April bis Oktober 1996 unter angeblicher Kenntnis von Informationen, die der Öffentlichkeit nicht bekannt waren, vorgeworfen. Kläger war die Börsenaufsicht von Ontario. Obwohl sich Felderhof durch einen Anwalt vertreten ließ, erschien er am 16. März 2005 persönlich im Gerichtssaal in Toronto, um durch seine Präsenz seine Unschuld zu untermauern. Nach mehr als zwei Jahren wurde der Prozess im Juli 2007 mit einem erstaunlichen Urteil abgeschlossen. Felderhof wurde freigesprochen. In einer 594 Seiten umfassenden, juristisch sehr komplizierten Begründung stellte Richter Peter Hryn fest, dass Felderhof nicht nachzuweisen war, seine Aktienverkäufe aufgrund nur ihm und wenigen Insidern bekannter, materiell wichtiger Informationen getätigt zu haben. Auch schlug der Versuch der Staatsanwaltschaft fehl, Felderhof nachzuweisen, dass er die vielen Warnsignale durchaus gesehen und geahnt habe, dass es bei der von seinen Geologen berichteten Gold-Geologie von Busang nicht mit rechten Dingen zugehen könne.

Gier und Sucht nach Gold und Reichtum verbunden mit einem hohen Maß an krimineller Intelligenz ließen den Bre-X-Skandal zu einem der größten Schwindel in der Geschichte des Goldes werden. Vielleicht ist aber das letzte Artikel des Drehbuchs um Bre-X noch lange nicht geschrieben.

Niemand konnte bisher die Frage beantworten, warum der 40-jährige Geologe Michael de Guzman, der Kopf dieses über Jahre bestens organisierten Schwindels, keinen besseren Ausweg sah, als aus dem Hubschrauber zu springen. Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass Guzman unter anderer Identität abgetaucht ist und ungestört seinen Lebensabend genießt, weil der dramatische Selbstmord einfach nicht zur Bre-X-Geschichte passen will.

Hinweise, dass der Tod Guzmans ein genauso raffiniert eingefädelter Schwindel war wie das präzise, jahrelange Salzen der Busang- Bohrproben mit Gold, haben sich mittlerweile verdichtet. Am 2. Juni 2005 erschien ein Artikel in der Bangkok Post, in dem berichtet wird, dass Guzmans Witwe bei einem Mittagessen mit einem Journalisten in einem Hotel in Jakarta bemerkte, ihr Mann habe ihr kürzlich 25.000 US-Dollar über eine Zweigstelle der Citybank in Brasilien zukommen lassen. Auch wird von einem indonesischem Geschäftsmann und früheren Freund von Guzman berichtet, der von ihm vor vier Jahren aus Brasilien angerufen wurde.

Es wäre nicht das erste Mal, dass auf den Philippinen Menschen gezielt verschwinden, indem ihr Tod vorgegaukelt wird. Der auf Finanzbetrug spezialisierte texanische Privatdetektiv Edmund Pankau, der die Philippinen gut kennt und mit dem Bre-X-Fall gut vertraut ist, hat in seinem Buch „Hide your Assets and Disappear: A Step-by-Step Guide to Vanishing Without a Trace“ [Wie verstecke ich mein Vermögen und tauche ab: eine Anleitung zum spurlosen Verschwinden] dargestellt, wie diese Methode auf den Philippinen zur Kunst entwickelt wurde.

Wieso sah Guzman keinen besseren Ausweg als den Sprung aus dem Hubschrauber?
Bei den verschiedenen Untersuchungen des Bre-X-Falls stolperte man beim Tod von Guzman immer wieder über Ungereimtheiten. Der zur Unkenntnis verstümmelte menschliche Kadaver, der von der Busang- Mannschaft gefunden und als die sterblichen Überreste Guzmans identifiziert wurde, das Fehlen der meisten inneren Organe, die angeblich von Wildschweinen gefressen wurden, die Tatsache, dass der Bre-X-Geologe ein Gebiss hatte und der Kadaver noch natürliche Zähne und dass jemand verbotenerweise aus dem Leichenschauhaus von Sanarinda einen Tag vor dem 19. März 1997 eine Leiche gekauft hatte, lassen die Umstände des angeblichen Todes von Guzman in einem zweifelhaften Licht erscheinen. Guzman wurde von seinen Kollegen immer als lebensfroh beschrieben. Springt so jemand mit Millionen von Dollar in der Tasche einfach in den Tod?

Durch Betrug erzielte und vernichtete Bre-X einen Börsenwert von über vier Milliarden US-Dollar. Es waren die Anleger, die die Rechnung bezahlten und alles verloren.

Allerdings ist festzustellen, dass der Verlust im Zuge des Bre-X- Skandals im Vergleich zu den Wirtschaftsskandalen des beginnenden 21. Jahrhunderts vergleichsweise gering war. In Kanada wurde durch Missmanagement in der Telefongesellschaft Nortel der Börsenwert des Unternehmens von über 15 Milliarden Dollar auf unter zwei Milliarden reduziert. Bernie Ebbers von WorldCom führte 2002 eine der angeblich größten Telekommunikationsfirmen durch einen Buchhaltungsskandal über elf Milliarden Dollar in den Konkurs. Milliarden an Aktionärsvermögen wurden vernichtet. Beim bisher größten Betrugs- und Konkursfall der USA, dem der Enron-Energiegruppe, löste sich durch die betrügerische Insolvenz im Jahr 2003 ein Börsenwert von 60 Milliarden US-Dollar in Luft auf.

Die Kanadier gingen nach dem Bre-X-Skandal, der die Grundwerte des Börsenwesens und Kapitalmarktes erschüttert hatte, einen konstruktiven Weg. Insbesondere die Regularien für das Segment für Explorations- und Bergbaupapiere wurden rigoros, in engster Zusammenarbeit mit Fachgremien, der Bergbauindustrie, den Wertpapieraufsichtsbehörden und den Börsen überholt und transparenter gestaltet. Es wurden technische Richtlinien und Verfahren zum Nachweis von Erzreserven und zum Bericht über Explorationsergebnisse entworfen. Diese Richtlinien wurden in Kanada im Amtsblatt National Instrument NI 43-101 festgehalten und beinhalten unter anderem, dass Explorationsergebnisse von unabhängigen, qualifizierten Fachleuten verifiziert werden müssen. Die Bergbauindustrie war hier Vorreiter für andere Industriesegmente.

Obwohl sich der Bre-X-Skandal im Vergleich zu den Totalverlusten der großen Wirtschaftsskandale der ersten Jahre des 21. Jahrhunderts eher bescheiden ausnimmt, war er doch der spektakulärste. Es ist schon etwas Besonderes, Goldproben aus dem Urwald mit Goldkörnern anzureichern, dabei Staats- und Regierungschefs an der Nase herumzuführen und dann ein spektakuläres Verschwinden aus einem Helikopter zu inszenieren. Das Manipulieren von Bilanzen erscheint da eher langweilig, obwohl die Schäden um ein Vielfaches höher waren.