Die Geschichte über die größte Goldlagerstätte der Welt

Selbst die Autoren von Hollywood hätten kein spannenderes Drehbuch schreiben können. Was über drei Jahre lang als die Entdeckung der reichsten Goldlagerstätte aller Zeiten gepriesen wurde, kam am 19. März 1997 zu einem dramatischen Ende. Das Busang-Vorkommen in Indonesien, mit einem angeblichen Goldgehalt im Wert von mehr als 70 Milliarden US-Dollar – eine 70 mit neun Nullen am Ende -, das entspricht der gesamten Auslandsverschuldung eines Landes wie Argentinien, entpuppte sich als der größte Goldschwindel überhaupt.

Am Morgen des 19. März, einem Mittwoch, lag Dunst über dem kleinen Flugplatz von Balikpapan, einer Provinzstadt an der Südostküste der in großen Teilen zu Indonesien gehörenden Insel Kalimatan, früher auch Borneo genannt. Michael de Guzman stieg gegen 10:30 Uhr in den Alouette-Ill-Hubschrauber ein. Guzman war Geologe der kanadischen Goldexplorationsfirma Bre-X Minerals Ltd. Seit rund drei Jahren suchte Bre-X mit großem Aufwand auf seiner rund 100 Kilometer nördlich von Balikpapan gelegenen Konzession Busang nach Gold. Bre-X hatte berichtet, auf Busang die größte Goldlagerstätte der Welt gefunden zu haben.

Guzman nahm auf der hinteren Bankreihe neben der linken Schiebetür des Hubschraubers Platz. Im Cockpit saßen der Pilot Edi Tursono und der südafrikanische Mechaniker Adrian Milan. Wie üblich setzten der Passagier Guzman, der Pilot und der Mechaniker dick gepolsterte Kopfhörer auf, um den Lärm der Turbine zu dämpfen und um während des Fluges über Mikrofone miteinander sprechen zu können. Nach 17 Minuten Flugzeit, gegen 11:00 Uhr, die Alouette flog in nördlicher Richtung mit 110 Stundenkilometern in 250 Metern Höhe über sumpfiges Urwaldgebiet, spürten Tursono und Milan einen Windstoß aus der hinteren Sitzreihe. Sie drehten sich um und sahen, dass die Schiebetür offenstand und der Passagier nicht mehr da war. Guzman war 250 Meter tief in den Tod gestürzt.

Der Pilot riss die Alouette herum und ließ den Hubschrauber über dem dichten, grünen Dach des Regenwaldes enge Kreise ziehen. Von Guzman war keine Spur zu sehen. Längeres Suchen war hoffnungslos und eine Landestelle war weit und breit nicht in Sicht. Tursono notierte sich die Positionskoordinaten und flog zur südlich von Balikpapan gelegenen Provinzhauptstadt Samarinda zurück. Der Pilot und die Polizei wussten, dass das Verschwinden von Guzman erheblichen Arger bedeutete. Der Präsident von Indonesien, Suharto höchstpersönlich, hatte ein großes Interesse an Busang und in den letzten Monaten hatten sich Persönlichkeiten wie der ehemalige Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, George Bush, und der ehemalige Premierminister von Kanada, Brian Mulroney, in das Schicksal der Busang-Goldlagerstätte eingeschaltet.

Mehr als drei Tage lang durchkämmten Suchmannschaften das Gebiet, in dem der Körper Guzmans vermutet wurde. Der dichte Urwald und die mittägliche Hitze von bis zu 35 Grad machten die Suche zur Qual. Endlich, am vierten Tag, einem bestialischen Gestank folgend, der aus einem Sumpfgebiet nur 500 Meter neben einer Holzfällerstraße entstieg, wurde der bereits stark zersetzte und von Tieren angefressene Körper Guzmans von Arbeitern gefunden. Nur durch zwei Autopsien konnte die Identität Guzmans später bestätigt werden. Der Körper wurde nur 30 Meter neben der Stelle gefunden, die Pilot Tursono als Koordinaten festhielt. Warum mehr als 150 Polizisten und Soldaten trotzdem vier Tage brauchten, um die Leiche Guzmans zu finden, ist eine der vielen Ungereimtheiten um Busang.

In seinem Rucksack, den Guzman im Hubschrauber zurückließ, wurden zehn handgeschriebene Seiten verschiedener Abschiedsbriefe gefunden. Guzman teilte darin mit, dass seine immer wiederkehrende Malaria und seine Probleme mit Hepatitis ihm das Leben unerträglich machten. Was hatte aber diesen Mann wirklich dazu gebracht, die Schiebtür des Hubschraubers zu öffnen und in den Tod zu springen? Guzman wurde allein durch den Busang-Fund zum mehrfachen Millionär, konnte sich die besten Tropenärzte der Welt leisten und konnte sich rühmen, die angeblich größte Goldlagerstätte der Welt entdeckt zu haben. Bereits wenige Tage nach seinem Tod gingen die fantastischsten Gerüchte durch die internationale Presse. War der Geologe überhaupt freiwillig aus dem Hubschrauber gesprungen oder hatte jemand nachgeholfen? Gehörte der stark verweste Körper überhaupt zu Guzman? Vielleicht lebte Guzman unter falschem Namen mit einer seiner vier Ehefrauen auf einer der vielen Inseln Indonesiens?

Dieser nahezu unglaubliche Fall um das gelbe Edelmetall nahm im Februar 1993 im Restaurant des 5-Sterne-Hotels Sari in Jakarta seinen Anfang. David Walsh, ein Aktienmakler aus Calgary, hatte zum Abendessen eingeladen. Seine Gäste waren John Felderhof, ein kanadischer
Geologe holländischer Abstammung, und dessen langjähriger Freund Michael de Guzman.

Felderhof hatte sich Mitte 1967 als Explorationsgeologe einen Namen gemacht, als er zusammen mit dem australischen Geologen Doug Fishburn die riesige Kupferlagerstätte Ok Tedi auf Papua-Neu-guinea entdeckte. Seit der Entdeckung von Ok Tedi versuchte Felderhof seinen großen Erfolg zu wiederholen. Ok Tedi hatte Felderhof berühmt, aber nicht reich gemacht. Er hatte weder an der riesigen Kupfer-Goldmine noch an der betreibenden Bergbaugesellschaft irgendwelche Anteile oder, wie heute oft üblich, Aktienoptionen erhalten. Dem gegenüberwaren unter anderem in den 80er- Jahren zeitweilig die deutschen Unternehmen Degussa AG und Metallgesellschaft AG an Ok Tedi beteiligt. Nach der Ok-Tedi- Entdeckung war Felderhof über fast zwei Jahrzehnte hinweg bei verschiedenen kleineren Bergbau- und Explorationsfirmen überwiegend in Australien und Indonesien tätig, konnte aber zum Ruhm seiner frühen Berufsjahre keine neuen nennenswerten Lorbeerblätter hinzufügen.

John Felderhof hatte sich mit der Entdeckung der Kupferlagerstätte Ok Tedi auf Papua-Neuguinea einen Namen gemacht.

David Walsh hatte keine so ruhmreiche Vergangenheit vorzuweisen. Seit Anfang der 70er-Jahre versuchte Walsh sein Glück als Finanzberater, zuerst in Montreal später in Calgary. Der große Durchbruch gelang Walsh nie. Einmal musste er sogar den Offenbarungseid leisten.

Ab Mitte der 80er-Jahre kam es in Kanada zu einem wahren Gründungsboom von jungen Explorationsfirmen, die Risikokapital über die Börse aufnahmen, um in Kanada nach Öl, Erdgas, Uran, Gold, Platin und anderen Rohstoffen zu suchen. Dabei gab es für Investitionen in kanadische Risiko-Aktien aus dem Rohstoffsektor erhebliche steuerliche Vergünstigungen und Abschreibungsmöglichkeiten. Der kanadische Fiskus hatte ganz richtig festgestellt, dass Artikel, welches über dieses Abschreibungsmodell in Explorations- und Bergbaugesellschaften floss, der kanadischen Volkswirtschaft und dadurch wiederum dem Fiskus zugutekam. Es wurden Arbeitsplätze in den entlegensten Gegenden Kanadas geschaffen und Zulieferungs- und Bohrfirmen erfreuten sich voller Auftragsbücher. Nicht zuletzt waren auch einige dieser Explorationsfirmen erfolgreich, indem sie neue Metalllagerstätten fanden, was wiederum der kanadischen Wirtschaft und der Handelsbilanz, aber auch den Aktionären zugutekam.

Auch David Walsh versuchte sich in den 80er-Jahren als Bergbauunternehmer. Ergründete 1988 in Calgary die Firma Bre-X Minerals Ltd. und erreichte die Quotierung an der Börse bei einem anfänglichen Preis von 30 Kanadischen Cent pro Aktie. Er ernannte sich zum Präsidenten der Firma und seine Frau Jeanette fungierte als Verwaltungschefin. Den Namen Bre-X entnahm Walsh den ersten drei Anfangsbuchstaben des Vornamens seines Sohnes Brett und „X“ stand für das Wort Exploration. Zuvor hatte Walsh bereits an der Börse von Vancouver eine Öl- und Gasexplorationsfirma namens Bresea Resources Ltd. registrieren lassen. Das wenige Artikel, das Bresea und Bre-X durch die Platzierung von Aktien gewannen, wurde ohne nennenswerte Erfolge in verschiedene Beteiligungen investiert, die von Öl- und Gaskonzessionen in Louisiana bis hin zu Diamant- und Goldrechten im Nordosten Kanadas reichten.

In den 80er-Jahren kam es in Kanada zu einem Boom junger Explorationsfirmen.

Zu Anfang des Jahres 1993 war die Bre-X-Aktie auf wenige Cent gefallen und Walsh stand vor dem finanziellen Aus. Außer einem bescheidenen, mit Hypotheken belasteten Haus in Calgary, einem Buick Regal, Baujahr 1979, und einem Haufen wertloser Bre-X-Aktien hatte Walsh mit seinen 47 Jahren wenig erreicht. Zu diesem Zeitpunkt unternahm er einen weiteren Anlauf, das Glück zu seinen Gunsten zu wenden. Später soll Walsh geäußert haben, dass er eines Nachts einen Traum hatte, der ihm sagte, er solle sein Glück in Indonesien versuchen.