Der Gold-Boom der Anstieg des Goldpreises – in Gold investieren
Der Anstieg des Goldpreises wird sich erfahrungsgemäß nicht geradlinig entwickeln, sondern mit ausgeprägten Schwankungen einhergehen. Je nachdem, welche kurzfristigen politischen und wirtschaftlichen Ereignisse die Tagespresse beherrschen, wird das Gold-Chart markante Ausreißer nach oben oder unten aufweisen. Sollten sich plötzlich aus irgendwelchen Gründen auf der ganzen Welt Frieden und Wohlstand einstellen, würde Gold schnell zum uninteressanten Investment. Wenn nach Amerika und Europa rasch ein starkes Wirtschaftswachstum zurückkäme und gleichzeitig die Inflationsraten gering blieben, könnte Gold kräftig nach unten wandern. Würden die seit Jahren schwelenden Krisen im Finanzsektor endgültig gelöst und stiege der Kurs des Dollars nachhaltig, würde die Nachfrage nach Gold einbrechen. Mit all diesen positiven und wundersamen Begebenheiten ist aller Voraussicht nach aber in unmittelbarer Zukunft nicht zu rechnen. Stattdessen deuten viele Anzeichen daraufhin, dass die Schlüsselfaktoren für einen langfristigen Goldpreisanstieg sehr stabil sind.
In einer ersten Phase ab dem Jahr 2001 wurde der Anstieg des Goldpreises dem „Dehedging“ zugeschrieben. Darunter versteht man das Auflösen von Absicherungspositionen in Termingeschäften. In den 80er- und 90er-Jahren hatten fast alle großen Goldminenunternehmen ihre Produktion „gehedgt“, d.h. sie hatten aus Angst vor weiter fallenden Goldpreisen ihre künftigen Einnahmen abgesichert, indem sie Gold, das sie noch gar nicht produziert hatten im Voraus auf den Terminmärkten verkauften. Das gab den Minengesellschaften eine halbwegs sichere Grundlage, auf der sie ihr Geschäft planen konnten. Es bedeutete aber auch, dass sie von einem aus welchen Gründen auch immer steigenden Goldpreis nicht mehr profitieren konnten, weil durch diese Vorwärtsverkäufe der Goldpreis bereits auf einem bestimmten Niveau festgelegt war. Diese Absicherungsstrategie erreichte ihren Höhepunkt in den Jahren 1997 bis 1999, den Zeiten, als die Aktienkurse ihre Höchststände hatten. Mit dem Niedergang der Aktien kam ein Trendwechsel in Gang. Im Jahr 2000 war das Hedging erstmals wieder rückläufig, im Jahr 2001 wurde es sehr stark reduziert. Dieser Trendwechsel war ein klares Signal, dass die Goldminen-Betreiber, die es eigentlich am besten wissen müssten, nicht mehr von fallenden, sondern von steigenden Preisen ausgingen.
Demzufolge verkauften sie ihre Ware nicht mehr im Voraus und sorgten nun damit ihrerseits dafür, dass der Goldpreis in Bewegung kam. Die zweite Phase des steigenden Goldes wird geprägt von der Rolle des US- Dollars. Die Schwäche der amerikanischen Währung ab dem Jahr 2002 kam ja nicht aus heiterem Himmel. Das Staatsdefizit und das Außenhandelsdefizit der USA nahmen ab diesem Zeitpunkt unübersehbare und noch nie da gewesene Dimensionen an. Die Vereinigten Staaten waren zum größten Schuldner der Welt geworden, der täglich auf fast 1,5 Milliarden Dollar frisches Kapital aus dem Ausland angewiesen war. Diese Riesensummen kamen hauptsächlich aus dem asiatischen Wirtschaftsraum – China, Japan, Taiwan, Südkorea, Hongkong. Bei den Notenbanken dieser Länder haben sich Unsummen von Währungsreserven in US-Dollar angehäuft, Goldreserven sind jedoch im Vergleich zu den westlichen Industrienationen in nicht nennenswertem Umfang vorhanden (s. Tabelle i. Artikel „Der Preis des Goldes“). Je schneller sich die amerikanische Politik ihren Kreditverpflichtungen aus dem Außenhandelsdefizit durch eine Abwertung des Dollars entziehen will, umso dringlicher müssen die asiatischen Notenbanken Alternativen für ihre Währungsreserven finden. Dabei kommt der Euro als Ersatz für den Dollar nur zu einem gewissen Teil in Frage, da auch diese Währung keine Garantie für dauernde Stabilität bietet.
Trotz der desolaten Dollarsituation gingen die asiatischen Regierungen und Notenbanken nur sehr zögerlich ans Werk – die in Aussicht gestellten und erwarteten Umschichtungen von Dollar auf Euro ließen auf sich warten. Der im Juli 2003 erschienene Jahresbericht 2002 der Bank für Internationalen Zahlungsaugleich (BIZ) zeigte, dass sich das Wachstum der weltweiten Währungsreserven in US-Dollar im Jahr 2002 fast verdreifacht hatte. Die Dollarreserven waren in konstanten Wechselkursen von 82,9 auf 219,8 Mrd. Dollar gestiegen. Je länger der notwendige Ausgleich und die erforderliche Diversifikation aufgeschoben werden, umso heftiger werden die späteren Korrekturen ausfallen. Deshalb werden die Zentralbanken des asiatischen Wirtschaftsraumes zu den nächsten Großeinkäufern bei Gold gerechnet. Was dann den großen Institutionen recht ist, wird den privaten Anlegern schon lange billig sein. Bereits im Jahr 2002 verdoppelte sich die private Nachfrage nach Anlagegold in Japan. Wenn in China Ende 2003 erstmals seit über 50 Jahren Privatanleger wieder Gold kaufen dürfen, wird damit ein enormer Zusatzbedarf geschaffen.
In Phase drei der Goldhausse wird das Edelmetall als Inflationsschutz und zur Vermögenssicherung heiß begehrt werden. Der Goldpreisanstieg wird in eine starke Beschleunigungsphase kommen, wenn die zur Bekämpfung der Deflation eingesetzten Mittel der amerikanischen Notenbank die Rückkehr zur gewünschten Inflation gebracht haben und dann weit über das gewünschte Ziel hinausgeschossen sein werden. Um kurzfristigen deflationären Tendenzen entgegenzuwirken, hatten die Federal Reserve und die Bank of Japan das Maß für eine langfristig tragfähige Geldpolitik verloren. Die irrationalen Aktienbewertungen der neunziger Jahre waren letztendlich nichts anderes als eine versteckte Hyperinflation, die von den Verbrauchern nicht bemerkt wurde. Die traditionellen Maße für eine Inflation umfassen hauptsächlich Konsumgüterpreise und Produzentenpreise; Preise für Vermögenswerte, z. B. Aktien, werden durch die klassische Messmethode nicht erfasst.
Dadurch ist es möglich, dass sich eine übermäßige Geldvermehrung zunächst nicht in steigenden Preisen für Konsumgüter bemerkbar macht, sondern dass zu Beginn nur Vermögenswerte teurer werden und damit sozusagen eine unsichtbare Inflation entsteht. Dieser Fall trat Ende der neunziger Jahre ein, als Alan Greenspan mit einer extrem expansiven Geldpolitik in der „Neuen Ära“ ewiges Wachstum erzeugen wollte. Verstärkt wurde die Geldproduktion noch durch die Sorge der wichtigsten Zentralbanken vor einem Computercrash bei der Umstellung auf das Jahr 2000. Dabei wurden die Geldhähne voll aufgedreht und der Hyperinflation bei Vermögenswerten freien Lauf gelassen. Um den Schaden zu beheben, griff die Fed zu den gleichen Mitteln, mit denen sie den Schaden angerichtet hatte. Sie pumpte ständig neue Liquidität zu sinkenden Zinsen in das Bankensystem, ohne dass diese Liquidität überhaupt noch genutzt wurde. Damit wurde das bestehende Problem nicht gelöst, sondern verschärft. Das Endergebnis könnte dann in ein bis zwei Jahren eine dann deutlich sichtbare Güterpreisinflation sein (30).
Darüber hinaus zeichnete sich zum Ende des Jahres 2003 ab, dass mit der langen Konjunkturschwäche die Stabilität des Finanzsystems ernsthaft bedroht war. Über internationalen Banken und Versicherungen schwebte ein Damoklesschwert: Konsumenten und Firmen hatten – vor allem in den USA – immer höhere Schulden angehäuft. Hatten die Finanzinstitute bis zu diesem Zeitpunkt den Abschwung der Weltwirtschaft noch halbwegs gut überstanden, so war auf Grund des ausgebliebenen Aufschwungs keine Rettung in Sicht. Die BIZ, die Notenbank der Notenbanken, hatte bereits in ihrem Jahresbericht 2002 gewarnt: „Eine Phase anhaltender Schwäche oder gar neuerlicher Abschwung könnte die Eigenkapitalpolster, die bislang die Widerstandsfähigkeit der Institute gesichert haben, aufzehren und somit die Institute in Schwierigkeiten bringen.” Besonders betroffen wären die Versicherer, deren Eigenkapitalpositionen bereits zu jenem Zeitpunkt ernsthaft geschwächt waren. In Deutschland musste Ende Juni 2003 mit der Mannheimer Lebensversicherung erstmals eine Lebensversicherung von der ein Jahr zuvor gegründeten Auffanggesellschaft des Lebensversicherungsverbandes übernommen werden.
Für die Banken würden sich die Folgen eines nochmaligen Kursverfalls von Aktien zeitverzögert in schlechten Bilanzen offenbaren: langsam, aber sicher würde die Zahl der faulen Kredite steigen. Immer mehr Unternehmen und Konsumenten kämen in Geldnöte und die Verluste der Banken aus Unternehmens- und Privatkrediten würden in die Höhe schießen. Zudem könnten aus Nachwehen der Aktienblase der späten Neunziger weitere Risiken für das Finanzsystem entstehen, da viele Investmentbanken für ihr damaliges Verhalten – geschönte Analysen, Insider-Tipps für Exklusivkunden, Kaufempfehlungen für Schrott-Aktien – im Nachhinein mit Schadensersatzklagen überzogen würden. Durch die immer stärkere Verflechtung der Finanzmärkte und der Unternehmen könnten massive Probleme eines einzigen größeren Instituts oder eines Marktsegmentes zu ausgewachsenen Finanzkrisen führen, welche die Anleger Zuflucht bei Gold suchen lassen.
Das Angebot an Gold ist jedoch beschränkt. In den 80er- und 90er- Jahren schlossen zahlreiche Goldminen, weil sich die Förderung bei Kursen unter 300 Dollar pro Unze nicht rechnete. Dadurch ist die heutige Fördermenge auf etwa 2.500 Tonnen pro Jahr begrenzt, hinzu kommen rund 500 Tonnen Gold, das durch Recycling wiedergewonnen wird. Der Gesamtbedarf von etwa 4.000 Tonnen pro Jahr kann bereits heute nicht mehr durch die laufende Produktion gedeckt werden. Um eine steigende Goldnachfrage zu befriedigen, kann man nicht wie beim Öl die Hähne einfach weiter aufdrehen oder wie beim Papiergeld die Notenpresse schneller laufen lassen, sondern es dauert Jahre, bis neue Goldminen erschlossen sind, die Förderbänder laufen und das Angebot dauerhaft ausgebaut ist. Für eine nachhaltige Ausweitung der Produktion braucht man etwa fünf bis sieben Jahre.
In der Zwischenzeit ist Gold bei steigender Nachfrage ein immer knapper werdendes Gut. Selbst wenn die Deutsche Bundesbank ihre gesamten Goldreserven von über 3.400 Tonnen in den Markt geben würde, müssten sich statistisch betrachtet alle Bewohner der Bundesrepublik Deutschland im Falle einer Geldpanik die rund 111 Millionen Unzen teilen. Bei grob gerechnet 80 Millionen Einwohnern würde jeder nur etwa 1,4 Unzen, das sind nicht einmal 44 Gramm Gold, kaufen können. Ähnlich ist die Situation in den anderen Ländern mit großen Goldreserven. Weltweit gesehen lag die private Nachfrage nach Gold im Jahr 2002 bei annähernd 0,7 Gramm pro Person, in den USA war sie bereits doppelt so hoch – bei 1,42 Gramm. Einige Amerikaner planen also schon für den Ernstfall und gehen auf Nummer sicher, denn Zeit ist ein wesentlicher Faktor: wer zu spät kommt, den bestraft die Inflation; wer rechtzeitig investiert, wird stattliche Gewinne erzielen.